Ilsuk Lee sucht die Wahrheit – eine künstlerische Wahrheit
– hinter den Dingen und Erscheinungen der wahrnehmbaren
Wirklichkeit, den archimedischen Punkt und eine Einheit, die sich
hinter der Vielfalt der Phänomene verbirgt und alles
zusammenhält in der diesseitigen Welt. In seiner Heimat Seoul in
Südkorea hatte sich der junge Künstler zunächst der
empirischen Realität mit Fotografien und Porträts
genähert, bevor er, im Zuge seines Studiums an der Kunstakademie
Münster, seine Aufmerksamkeit auf die Sphären hinter den
sichtbaren Gegenständen zu richten begann und ein bildhauerisches
Werk entwickelt hat, das zwischen beiden Sphären vermittelt. Sein
bisheriges Œuvre bekundet sich in einer äußersten
formalen Perfektion, es lebt von der Reinheit und Makellosigkeit von
Objekten, Skulpturen und Installationen wie auch von fotografischen
Tableaus, die Lee zum Ideal gedanklicher Klarheit erhebt. Dem
entspricht eine weitgehende Reduktion seiner Farbwahl auf Schwarz und
Weiß.
Tatsächlich kreisen Ilsuk Lees künstlerische Arbeiten um ein
philosophisches Gedankengut, das in die griechische Antike
zurückreicht, deren fundamentale Orientierung im Reich des Denkens
zu aktualisieren sucht und die prinzipiellen Unterschiede zwischen den
Sphären von reinen Ideen und ihrer Entäußerung in der
irdischen Realität sichtbar macht. So visualisiert Lee
archetypische Formen und Chiffren wie auch kulturhistorisch kodierte
oder geometrische Grundmuster wie Kugel, Kreuz, Kreis und Ring,
Pyramide und Raster, zugleich verhandelt er immer wieder die
Beziehungen von Licht und Schatten oder von Augenblick und Dauer, von
Sein und Schein. Ziel ist stets die Verbindung von Gegensätzen,
die Suche nach einem möglichen Ursprung der Dinge, in dem die
Paradoxien des menschlichen Denkens aufgehoben sind und wo es, wie der
Künstler ausführt, „Information ohne Bedeutung“
gibt, „Länge ohne Breite“, einen „minimalen
zeitlichen Abstand im Raum“. In der präzisen Ausformulierung
seiner Setzungen erinnern seine bisherigen Werke in mancher Hinsicht an
frühere Künstler wie etwa Walter de Maria oder James Lee
Byars.
Für seine Ausstellung im Rahmen des Kunstpreises „Junge
Positionen NRW der Zeche Unser Fritz“ entwickelt Ilsuk Lee zwei
lichte, leichte und doch raumgreifende Installationen, in denen er
wiederum die materielle Gestalt der Dinge mit ihrer schwerelosen
Erscheinung im Raum zur Anschauung bringt.
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